Dienstag, 19. Januar 2010

Versicherung verklagt Bundesbank auf Girokonto

Das ist eine Nachricht, die wirklich etwas für die Kenner der Feinheiten unseres Geldsystems ist. Es wäre sehr spannend, wenn das die Öffentlichkeit auf die Frage brächte, was denn nun der Unterschied zwischen Geld und der Forderung auf Geld ist und wieso das auch davon abhängt, bei wem man diese Forderung unterhält.
Durch Island hat der eine oder andere ja schon kapiert, daß z.B. "Tagesgeld" offenbar etwas anderes ist als "Geld". Daß nun auch vermeintliches nicht verliehenes "Nettogeld" auf "Girokonten" unterschiedlichen "Ausfallrisiken" unterliegt und daher nur eine Forderung (und damit kein "Nettogeld") bedeuten kann, ist bisher nicht wirklich thematisiert worden. Die mögliche Debatte hat Frau Merkel mit der vermeintlich umfassenden Staatsgarantie leider abgewürgt, obwohl diese "Garantie" beileibe nicht so umfassend war, wie die Klage von Talanx beweist. Um die Einlagen auf Girokonten (das vermeintliche Nettogeld) garantieren zu können, müßten diese meiner Meinung nach in letzter Konsequenz tatsächlich bei der Bundesbank (oder der EZB) geführt werden. Das würde aber den Gedanken, daß unser Geld tatsächlich nur durch Dekret "werthaltig" ist, gefährlich nahe an das öffentliche Bewußtsein spülen. Wobei lustigerweise letzteres noch der Meinung zu sein scheint, daß greifbare papierne Dokumente (=Bargeld) einen realen Unterschied darstellen, wie die Bargeldabhebungen in der Krise gezeigt haben. Finanztechnisch tut es das zwar durchaus, weil eben nur jene Girokonten bei der Zentralbank bedeuten, daß die Zentralbank eine unmittelbare Verbindlichkeit in Bargeld gegenüber dem Kontenhalter unterhält, aber das ist ja eigentlich nur Teil des Hütchenspiels "Fiat (Credit) Money". Der Unterschied ist rein buchhalterisch, aber ansonsten von keinem Belang, der "Otto Normalverbraucher" interessieren bräuchte. Die intellektuelle Verenkung, daß (Bar)Geld kein (Bar)Geld mehr ist, sobald es auf einem Girokonto "deponiert" wird, bzw. daß eigentlich nur der verschwindend geringe Bargeldanteil unserer Geldmenge in etwa die Eigenschaften hat, die "Otto Normalverbraucher" mit "Geld" assoziiert, machen in der Regel nur Banker und Volkswirte mit.

Für ein Girokonto
Versicherungsriese Talanx verklagt Bundesbank


Auszüge:

"Nur ein Konto bei der Bundesbank ist wirklich insolvenzsicher", sagte ein Talanx-Sprecher der "Financial Times Deutschland"..."Hinter der spektakulären Klage steht ein tiefes Misstrauen des Versicherungsriesen gegenüber den Geschäftsbanken, schreibt das Blatt weiter. Die Kundeneinlagen bei privaten Geldhäusern sind normalerweise vom Einlagensicherungsfonds abgedeckt - dieser allerdings sei "völlig unzureichend", sagte der Talanx-Sprecher und verwies auf die Probleme des Fonds nach der Pleite der deutschen Lehman-Tochter während der Finanzkrise. "Wenn eine Geschäftsbank insolvent wird, dann ist das Geld zum größten Teil weg."Abgesehen von der Insolvenzsicherheit begründet der Talanx-Konzern die Klage auch mit "einem erheblichen Wettbewerbsnachteil" der Branche gegenüber den Banken. Im Unterschied zu Versicherern, Industrieunternehmen und Privatleuten dürfen Geschäftsbanken nämlich sehr wohl Girokonten bei der Bundesbank führen. Dieses Privileg ist daneben allein Behörden, Sozialversicherungsträgern und Bundesbankmitarbeitern vorbehalten."

8 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Endlich mal ein Unternehmen mit -sorry- "Eiern" in der Hose.

Glückwunsch und besten Dank.

Anonym hat gesagt…

Ich haette auch gern so ein Konto, besser noch so einen Kredit von denen. Zinsen sind ja so guenstig. Was, ich kriege das nicht ? Warum eigentlich nicht ? Ich sei nicht berechtigt ? Wieso bekommennur bestimmte Privatbetriebe dieses Privileg ? Wer legt das fest ? Wem gehoert die Bundesbank eigentlich ? Ich dachte die Bundesbank gehoert der Bundesrepublik und ich bin Bundesbuerger. Wird das uns nur erzaehlt. Also, wem gehoert die Bundesbank eigentlich ? Scheinbar doch nicht der Bundesrepublik.

Berger hat gesagt…

Eins der wenigen Vorteile der Finanzkrise ist, das über die Praktiken den Finanz- und Bankensektoren kritischer recherchiert und berichtet wird. Seit dem 15. September 2008, ist uns doch erst allen bewusst, in was für einer Traumwelt wir vorher gelebt haben.
Sicherheit ist halt was sehr relatives. Ein Girokonto ist halt genauso unsicher, wie das Bargeld unter dem Kopfkissen.

Fabio Bossi hat gesagt…

@Geldanlage:

Eben nicht. "Sicher" - im Sinne von "geschützt vor dem Insolvenzrisiko" - ist NUR Bargeld.
"Sicher" im Sinne von "kaufkrafterhaltend" gemessen an potentiellen gewünschten Gütern, ist eine ganz andere Baustelle.

Anonym hat gesagt…

@Berger:
"und doch allen erst bewusst"? Es gibt eine beträchtliche Zahl von Denkenden, denen das schon lange vorher bewusst war, und die was am 15. September 2008 passieren musste erwartet haben, es war eigentlich nur eine Frage wann und wie.
Ich hasse es wenn ich in den Medien lese "die Finanzkrise hat uns gelehrt bla/ seit der Finanzkrise wissen wir bla/ niemand konnte es kommen sehen bla", das ist alles komplett verdreht, die Realität ist, dass es zahlreiche lautstarke Stimmen gab, seit Jahren und sogar Jahrzehnten, die solche ich nenne es mal FIAT-Krisen kommen sahen, aber bevor das finale einer Krise letztenendes da ist, tun die Medien einen Teufel die Menschen anständig aufzuklären. In diesen Boom-Phasen, oder Scheinwohlstandsphasen, wird jemand der das FIAT-Geldsystem grundsätzlich hinterfragt nicht einmal ernstgenommen. Sind die Tatsachen dann vollendet, werden plötztlich Gruppen wie Attac und deren Ideen als die Alternative dargestellt, dabei verstehen die vom Kern unseres Finanzsystems nun garnichts, oder höchstens wenig. Die österreichische Schule hat einigen Auftrieb bekommen, aber das ist noch zu wenig, in deutschen Medien gilt die doch noch immer nicht als relevant.

Daniel hat gesagt…

Bargeld mag ja vor der Insolvenz einer Bank oder eines Systems geschützt sein, nur wenn ein System so kollabiert, dass es für die Einlagensicherung nicht mehr möglich ist, das Geld der Sparer - wie es beim Tagesgeld oder Festgeld abgesichert sein solle - zurückzuzahlen, dürfte es auch mit der Stabilität der betroffenen Währung nicht mehr weit her sein.

Anonym hat gesagt…

genau...

Johannes hat gesagt…

@ Daniel: du hast vollkommen recht. Ich glaube dass die Destabilisierung des Dollars und die damit einher gehende Inflation nicht mehr weit weg ist! Man gucke sich nur an, wie hoch die momentane Verschuldung der USA ist... Der Senat musste schonwieder beantragen dass mehr Geld von der Zentralbank in den Umlauf gebracht wird - dass kann auf Dauer nicht gut gehen!!!

 
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