Sonntag, 23. Oktober 2011

Agnostische Gedanken zur Inflation-Deflation-Debatte

Der "Daily Bell" hat ein interessantes Interview mit dem anarcho-kapitalistischen Internet-Unternehmer Jeffrey Berwick geführt, in dem dieser Leo Tolstoi wie folgt zitiert:



"I know that most men – not only those considered clever, but even those who are very clever, and capable of understanding most difficult scientific, mathematical, or philosophic problems – can very seldom discern even the simplest and most obvious truth if it be such as to oblige them to admit the falsity of conclusions they have formed, perhaps with much difficulty – conclusions of which they are proud, which they have taught to others, and on which they have built their lives."



Berwick bezieht das auf sog. "Keynesianische" Politiker und Ökonomen, die nicht erkennen würden, daß die Papiergeldwährungen dem Untergang geweiht sind. Ich möchte dabei nur anmerken, daß auch "Austrians" und "Goldbugs" derselben Gefahr unterliegen, wie ich 2008 am eigenen Leib (und Geldbeutel) erfahren durfte. Mir persönlich ist unter den Austrians nur Mish Shedlock bekannt, der vor Deflationsgefahren und einer damaligen US-Dollar-Rally gewarnt hat, weil unter Austrians - siehe das Tolstoi-Zitat - das verhasste und angeblich so beliebig vermehrbare Staatspapiergeld doch garnicht relativ zu irgendetwas steigen kann. Ich bezeichne mich heute als Agnostiker in der Debatte, die ich inzwischen für deutlich komplexer halte, als daß man ihr mit simplistischen "Geld aus Hubschraubern"-Aussagen begegnen sollte. Ich finde es z.B. bemerkenswert, daß den Planwirtschaftlern nichts zugetraut wird, aber eine deflationäre Depression wie in den 1930ern in den USA sollen die mit ein paar Mausklicks stoppen können. Das heißt nicht, daß z.B. Griechenland oder Italien bei einem Außeinanderbrechen des EURO ihre Auslandsschulden nicht vielleicht mit Weimarer Mitteln bedienen werden. Für Nationen wie Deutschland oder die USA ist aber auch eine japanischer Weg denkbar.

2 Kommentare:

Austrian hat gesagt…

Inflation bzw. Deflation bedeutet die Ausweitung bzw. Verringerung der Geldmenge. Mit steigenden oder fallenden Preisen hat dies zunächst noch nichts zu tun, sondern diese sind erst die Folge der vorausgehenden Veränderung der Geldmenge.

Um die Veränderungen der Preise genau zu verstehen, müssen Sie sich mit dem Konjunkturzyklus auseinandersetzen.
Durch zu niedrige Zinsen und folglich eine Ausweitung der Geldmenge steigen zunächst die Preise von Produktionsgütern, wie z.B. Maschinen, da das zusätzliche Geld zuerst in den Händen der Investoren landet. Steigen nun die Zinsen wieder, lohnen sich diese Investitionen nicht mehr und es kommt somit zu einem Preisverfall der Produktionsgüter. Hier sieht der Keynesianer "Deflation", allerdings ist dies nichts weiter als die Normalisierung der zuvor aufgeblähten Preise.
Betrachten Sie nun komplette Unternehmen als Produktionsgüter, wird Ihnen auch schnell klar, warum die Aktienkurse zunächst derart steigen und danach einbrechen.

Ist dies alles abgeschlossen, hat sich die Geldmenge jedoch nicht verändert. Aktien und Produktionsgüter sind zwar so günstig wie schon lange nicht mehr, aber das über die Jahre zusätzlich geschaffene Geld ist nach wie vor vorhanden. Sobald dieses nun für Konsumgüter ausgegeben wird steht eine gewaltige keynesianische "Inflation" bevor, ich nenne es jedoch einfach nur "Teuerung" oder "Preisinflation", denn die Inflation an sich liegt schon einige Jahre zurück.

Werden jedoch die Zinsen noch weiter gesenkt, wie es 2008 und zuvor immer gemacht wurde, lohnt sich die Investition in Produktionsgüter wieder und das Geld findet dort erneut seine Rendite. Dadurch kann es natürlich nicht zugleich bei Konsumgütern nachfragewirksam werden und die "Inflation" ist nur moderat.

Da wir aber mittlerweile schon bei fast 0% Zinsen sind, wird dieses Szenario noch höchstens einmal funktionieren. Danach erwartet uns der große Einbruch von Produktionsgüterpreisen und man wird überall hören "Deflation!".
Egal ob nun die Zentralbank auf jegliche andere Weise gegensteuert oder nicht, haben die meisten Menschen nicht die leiseste Ahnung, was für eine Preisinflation uns danach erwartet.
Da man aber die Maßnahmen der Zentralbanken nun eigentlich kennen sollte, ist davon auszugehen, dass wirklich sprichwörtlich Geld von Hubschraubern abgeworfen werden wird. Der Preisverfall der Produktionsgüter wird deshalb wohl ausbleiben und es kommt zum berühmten, österreichischen Crack-Up-Boom.

Fabio Bossi hat gesagt…

Danke "Austrian" für den ausführlichen Kommentar. Du darfst diese Argumente bei mir als bekannt voraussetzen.

Ich bezeichne mich ja nicht ohne Grund als "agnostisch" und nicht als Deflationist, obwohl in meinen Augen die "natürlichen Marktkräfte" tatsächlich erstmal eine kräftige Deflation (Geldmengenschrumpfung durch Deleveraging) verursachen würde und ich bislang nur sehe, wie die Politik und die Notenbanken mit Mühe, Not und Bilanzfälschung die Abwärtsspirale aufhalten. Danach mag ja eine Katastrophenhausse losgehen, aber die steht in meinen Augen nicht kurz vor der Tür.

 
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